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„Bitte die Türen schließen wegen Taubeneinflug“– Kirche

„Bitte die Türen schließen wegen Taubeneinflug“–Kirche/Priesterseminar

PROJEKT VON Johanna Brunner, Sarah Dorfer, Valentina Hölzl,
Maria Strieder & Vinzent Wallner.
Die Schwellen in der Kirche–Beobachtungen

Bei unserem Besuch der Karmelitenkirche am frühen Morgen konnten wir die Kirche zwar betreten, standen aber nach wenigen Schritten vor einemverschlossenen Gitter.Eigentlich zum Schutz vor Vandalismus oder zur Trennung von Volk und Geistlichen errichtet, erschienen sie uns in der aktuellen Corona-Situation wie ein Symbol für die Separation von „gesund“ und „krank“, gleichsam alsSchutz der Kirchenbesucher*innenund Geistlichen vor dem Virus. Die Corona-Situation –Abstandhalten, Angst vor Ansteckung –erschien uns durch die architektonischen Grenzen an diesen Orten der Stille und Besinnlichkeit umso präsenter. Diese Schwellenbereiche werden gegenwärtig mit weiteren Barrieren versehen: Beschilderungen mit Verboten und Regeln, wie etwa zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes oder zumAbstandhalten. Besonders das Ersetzenbzw. die Ergänzung des Weihwassers mit einer Flasche Desinfektionsmittel verstärkten den Eindruck einer verschärften Grenzziehung. Gleichzeitig erschien uns das Nebeneinander der Flüssigkeiten wie eine Verdichtung derrituellen Handlungen, die gegenwärtig an den Schwellen sozialer Räume vollzogen werden.

Die Taube in der Kirche –Beobachtungen

EinSchild an der Eingangstür–„Bitte die Türe nach dem Öffnen wieder schließen.Wegen Taubeneinflug“ –machte uns stutzig: Die Taube aus der Kirche auszuschließen,erschien uns als Widerspruch. Bekanntermaßen spielt sie in der theologischenSymbolik eine zentrale Rolle –immerhin stehtsie nicht zuletzt für den heiligen Geist. Gleichzeitig ist der Vogel positiv wie negativ konnotiert: die Taube als willkommener Bote von Nachrichten, aber auch als lästiger Krankheitsüberträger.Der Warnhinweisinspirierte uns zu unserem ‚ansteckenden‘ Objekt.Wir entwickelten die Idee, mit selbstgefalteten Taubenaus Papierdie Räume der Kirchen zu ‚infizieren‘.

Stille Taubenpost –Unsere Idee der „sozialen Ansteckung“
Grundlage für die Intervention „TAUBE“ war das Zusammentragen von Informationsmaterial: Wir recherchierten zu den Grenzziehungen in Kirchenräumen, der Funktion von Eisengittern und Schranken, wie beispielsweise den hölzernen oder steinernen Lettnern, die als
Raumbarrieren auch eine Aufteilung der christlichen Gemeinde in Geistliche und Laienbedeuteten. Zugleich gingen wir der Figur der Taube in ihrer symbolischen und kulturellen Bedeutung nach: von der biblischen Sintflut-Erzählung, dem Ursprung des Friedenssymbols „Taube mit Ölzweig“, über die Verwendung von Tauben als rituellen Opfergaben und ihre bis in die Antike zurückreichende Nutzung als Kommunikationsmedium in Kriegen oder als Drogenkurier (Taubenpost), bis hin zu Stadttauben als unerwünschten Überträgern von Krankheiten und unhygienischen Gefährdern der öffentlichen Gesundheit.
Die Recherche bestätigte unsere ersten widersprüchlichen Eindrücke vor Ort: ein Aufeinandertreffen bzw. eine Verschiebung und Verschärfung von Grenzziehungen. Um die momentane Angst vor Infizierung greifbar zu machen, falteten wir weiße Papiertauben und hinterließen sie an den Gittern und/oder Chorschrankenmehrerer Kirchen in Linz. Bei unserer Rückkehr am Abend waren die Tauben beseitigt oder mitgenommen worden. Als hätten die Papiervögel an diesen „reinen“ Orten nichts verloren: unerwünschte Eindringlinge, Krankheitsüberträger, die die Gefahr des Corona Virus‘ verkörpern. Wir stellen uns lieber vor: Besucher*innen haben die Tauben als frohe Botschaften gelesen und die „Taubenpost“ mit Freude abgeholt.